Alles anzeigenDie noch in einigen Punkten unzureichende Ladeinfrastruktur gilt bei vielen potenziellen E-Auto-Käufern als Hinderungsgrund, sich für ein Steckerauto zu entscheiden. Zwar gibt es bereits 27.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte, wie der Bundesverband eMobilität (BEM) mitteilt, und eine „insgesamt erfreuliche“ Entwicklung der Ladeinfrastruktur in Deutschland, so Markus Emmert vom BEM. „Um allerdings von einem guten Netz sprechen zu können, bräuchten wir für den derzeitigen Fahrzeugbestand von circa 270.000 E-Autos rund 42.000 öffentliche Ladepunkte.“ Also gut die Hälfte mehr als bislang aufgebaut.
Vor allem Einkaufszentren, Kinos oder andere öffentliche Plätze seien ideal für Stromtankstellen, findet Volker Blandow vom Tüv Süd. An exponierten Orten wie diesen sei Ladeinfrastruktur viel sichtbarer, als etwa bei Autohändlern in Gewerbegebieten, was damit auch die Akzeptanz für Elektroautos erhöhen könnte: „Der Kunde muss die Sicherheit nicht nur gesagt bekommen, er muss sie sich in der Praxis auch ‚erfahren‘ können, indem er Strom dann bekommt, wenn er ihn braucht“, sagt Blandow.
Blandow wünscht sich auch mehr Ladesäulen an einem eigentlich recht naheliegenden Standort: Tankstellen. „Eine Tankstelle will in erster Linie Benzin Verkaufen, das ist ihr Geschäftsmodell. Aber es gibt dort inzwischen tatsächlich ein Umdenken“, stellt Blandow fest. Er sagt, klassische Tankstellen wären ideal für Schnellladung geeignet. Die 20 Minuten Wartezeit für eine ordentliche Portion Strom für das E-Auto seien perfekt für einen Kaffee oder Snack für Fahrer und Mitfahrer. Aral hat dieses Geschäftsmodell bereits für sich entdeckt und testet an fünf Pilotstandorten extrem schnelle Ladesäulen mit bis zu 320 kW, die momentan allerdings noch kein Elektroauto aufnehmen kann. Aral scheint von der Technologie bereits überzeugt: „Ultraschnelle Ladesäulen sind unserer Meinung nach eine wesentliche Voraussetzung für ein Geschäftsmodell im Bereich E-Mobilität an der Tankstelle“, sagt Firmensprecher Detlef Brandenburg.
Laden sollte nach Kilowattstunden zu transparenten Preisen möglich sein
Markus Emmert vom BEM sagt, dass auch bei den Abrechnungs- und Bezahlsystemen öffentlicher Ladesäulen nachgebessert werden muss: „Grundsätzlich sollte die Abrechnung nach abgegebenen Kilowattstunden erfolgen, zudem sollte der Preis transparent ersichtlich sein.“ Dies sei trotz Eichrecht-Novelle oft nicht der Fall. Weiterhin fehle an öffentlichen Ladepunkten auch für das spontane AdHoc-Laden meist die Möglichkeit, über die gängigen Bezahl- und Kreditkarten abzurechnen.
Wünschenswert sei, so Blandow, auch ein komplett barrierefreier Zugang, also dass jedes Fahrzeug, an jeder Ladesäule und mit jedem beliebigen Stromanbieter Laden kann. Dies ist flächendeckend noch nicht möglich, außer man nutzt Roaming-Anbieter wie Plugsurfing, NewMotion oder Get Charge. Dann allerdings steigt der Preis fürs Laden zum Teil deutlich und unnötig, wie der BEM kritisiert, da die Service-Provider eine Provision für die Abrechnung an der Ladesäule einkassieren. Und so schwanken die Kosten für eine Kilowattstunde Autostrom zwischen fairen 29 und stark überzogenen 89 Cent. Erfreulich sei immerhin, dass immer mehr Supermärkte, Möbelhäuser und Touristikbüros Strom fürs Elektroauto auf ihren Parkplätzen auch kostenlos anbieten.
„Jeder Parkvorgang kann zum Laden genutzt werden“
Überhaupt sei beim Laden von Elektroautos ein generelles Umdenken nötig. Ein Durchschnitts-PKW steht mehr als 23 Stunden am Tag ungenutzt auf einem Parkplatz. Mehr als 80 Prozent aller Ladevorgänge finden bereits zu Hause oder am Arbeitsplatz statt. Hier könne man ansetzen, und Ladeinfrastruktur an diesen Orten fördern, wie Emmert findet: „Das E-Auto wird unseren gewohnten Umgang mit der Tankstelle deutlich verändern. Fahrzeuge sind bekanntermaßen Stehzeuge, was sich die Elektromobilität zunutze macht. Jeder Parkvorgang kann dann zum Laden genutzt werden.“
Damit das Laden daheim auch in Großstädten einfacher wird, wo viele Menschen als Mieter oder Eigentümer in Wohnungen leben, hat der Gesetzgeber das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) auf den Weg gebracht: Bei Renovierungen oder Neubauten müssen künftig Leerrohre verlegt werden, um Ladestationen einfach nachzurüsten, zudem muss mindestens ein Ladepunkt errichtet werden. Auch Wohnungseigentümer sollen es künftig einfacher haben, eine eigene Wallbox in der Tiefgarage zu installieren. Bislang reichte das Veto eines einzigen Miteigentümers in einer Hausgemeinschaft, um dies zu verhindern.
Bei einem weiteren Ärgernis ist ebenfalls bereits Besserung in Sicht: Blockiert ein Verbrenner einen Ladepunkt für ein Elektroauto, gab es bis vor Kurzem ein Bußgeld von läppischen zehn Euro — das ist weniger, als in den meisten Großstädten ein Parktticket in einem Parkhaus kostet. Seit der StVO-Novelle werden allerdings 55 Euro fällig, was einige Verbrenner-Fahrer zum Umdenken bewegen könnte. Und immer häufiger rufen Polizei oder Ordnungsdienste sogar den Abschleppdienst, wenn Fahrer von Elektroautos solche Verstöße melden. Dann wird es für Ladesäulen-Blockierer sogar noch deutlich teurer.
Quelle: Automobilwoche — Ladeinfrastruktur für E-Autos: Das ist der Stand der Dinge – und daran hakt es noch
Der Beitrag Wo es bei der Ladeinfrastruktur für Elektroautos noch Nachholbedarf gibt erschien zuerst auf Elektroauto-News.net.
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